Deckengemälde von Johann Martin Seekatz im Leininger Oberhof in Grünstadt

Restaurierung und Gestaltung einer farblichen Umgebung

Johann Martin Seekatz (1780 – 1829) stammte aus Westerburg und war Hofmaler der Neuleininger Grafenlinie zu Westerburg-Schaumburg. Er folgte dem Hof, als dieser sich nach Zerstörung ihrer Burgen etwa um 1700 in Grünstadt niederließ. Dort entstand um 1716 der Leininger Oberhof als Schlossneubau in der Neugasse. In der zweiflügeligen Anlage mit imposantem Erscheinungsbalkon ist im Raum südlich des Balkons ein Deckengemälde von ihm erhalten.

Dargestellt ist Orpheus in der Unterwelt, der Hades, den Gott der Unterwelt um die Rückgabe seiner Frau, der Nymphe Eurydike bittet. Alle Sagen um Orpheus drehen sich um die Musik, denn der Sohn zweier Götter konnte so schön die Lyra spielen und dazu singen, dass es alle Lebewesen vereinte:

„Er betörte Götter, Menschen und sogar Tiere, Pflanzen und Steine. Die Bäume neigten sich ihm zu, wenn er spielte, und die wilden Tiere scharten sich friedlich um ihn, und selbst die Felsen weinten angesichts seines schönen Gesangs.“ (Quelle: Wikipedia)

Quelle: Wikipedia

Mit der Umnutzung des Gebäudes nach der Schlosszeit wurde das Bild übertüncht, im 20. Jahrhundert wieder entdeckt, frei gelegt, nach behandelt und schließlich bei der letzten Baumaßnahme in den 70er Jahren von der alten Decke in eine neue Betondecke versetzt. Die Abnahme geschah im Stacco-Verfahren, bei dem die Malerei zusammen mit der obersten Putzschicht von der Wand abgetrennt wird (ital.: staccare). Das komplexe Verfahren erfordert viel Erfahrung und ließ sich im vorliegenden Fall nicht völlig beschädigungsfrei durchführen. Aber es gelang, das Bild wurde gerettet und bekam einen neuen Stuckrahmen, in dem man es anschließend im Stil der Zeit restaurierte. Um den Bildinhalt wieder lesbar zu machen wurde reichlich gekittet und übermalt, wobei als Bindemittel Zaponlack zum Einsatz kam, der über der weichen Seifentempera zu maltechnischen Problemen führte.

Die Malschichtfestigung mit einem flexiblen Klebemittel war zu dieser Maßnahme vordringlich. Es folgte eine Reinigung, welche die nachgedunkelte Farbschicht ein wenig aufhellte, die Festigung labiler Putzbereiche und schließlich zahlreiche Retuschen.

Die farbliche Einbindung erfolgte, um die ursprüngliche Raumsituation anzudeuten, eine Entsprechung zum Stuck herzustellen und die Decke optisch zu verkleinern, so dass das Deckenbild wieder eine Anbindung erhält.

 

Deckengemälde im Leininger Oberhof in Grünstadt

Restauratorische Untersuchung, Entwickeln eines Restaurierungskonzepts

Das Deckengemälde im Südflügel des Leininger Oberhofs gehört zur barocken Ausstattung des Schlosses Oberhof an der Neugasse 2-6 in Grünstadt. Es entstand um 1720 und wird dem gräflichen Hofmaler Johann Martin Seekatz zugeschrieben. Dargestellt ist ein Motiv aus der griechischen Sagenwelt mit dem Titel „Orpheus vor Pluto und Proserpina in der Unterwelt“.

Im Vordergrund links sitzt ein König mit Krone und Zepter, rechts neben ihm eine weibliche Gestalt, beide mit bewegt wehenden Mänteln. Vor den beiden spielt ein Mann Violine, im Hintergrund steigt ein Dämon aus einem tosenden Fluss, während ein zweiter über ihm in der Luft schwebt. Hinter dem Musikant steht eine schemenhafte Frauengestalt am Wasser, auf dem Wasser selbst sind drei kleine nackte Wesen zu sehen, ganz rechts der Kopf eines Walfisches.

Die Szene rahmt ein blau-roter Vorhang, der links von einem Dämon mit Drachenkopf und Fledermausflügeln in die Höhe gehalten wird. Zu beiden Seiten verliert die Szenerie sich in Erde, Felsen und Botanik.

Der schwebende Baldachin inmitten der Felsenlandschaft gibt einen Einblick in die unirdische Welt dahinter und entfaltet eine weite räumliche Wirkung. Trotz der geringen Abmessungen des Gemäldes entsteht vor dem Betrachter ein kleines Bühnenbild. Hinter dem Vorhang fällt der Blick auf den tosenden Fluss Styx, die Frauengestalt am Wasser wäre als Eurydike zu interpretieren und der Violinspieler als Orpheus.

Das Gemälde war im Zuge der vielen Umnutzungen überstrichen und 1919 wieder entdeckt worden. Leider sind die „duftigen Freskofarben“, von denen die Literatur berichtet, durch eine Öltränkung unmittelbar nach der Aufdeckung verloren gegangen und in einen bräunlichen, wenig nuancenreichen Ton abgeglitten.

Trotz umfangreicher Baumaßnahmen um 1920 wurde die erneute Übertünchung untersagt und der Raum vorerst weiterhin als Schulzimmer genutzt. Baumaßnahmen, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sahen anstelle der Unterrichtsräume ein Treppenhaus ins Obergeschoss vor. Offensichtlich gab es umfangreichen Sanierungsbedarf am Dachstuhl, so dass die Decke mit dem Deckengemälde durch eine Betondecke ersetzt wurde. Das Gemälde wurde von der alten in die neue Decke transloziert.

Auf diese Weise geschah, was heute zu sehen ist: das Gemälde ist beim Abbau zerbrochen und wurde mit großen Unebenheiten, breiten Fugen und massiven Malschichtverlusten in die neue Decke überführt. Um allzu offensichtlichen Schäden auszugleichen wurde es stark überkittet und spannungsreich übermalt.

Der barocke Holzrahmen wich einem neuzeitlichen Stuckrahmen, der nun ohne stilistische Einbindung in der glatten Betondecke sitzt. Der Betrachterstandpunkt liegt heute um ein Stockwerk tiefer, was die Erkennbarkeit des kleinen nachgedunkelten Bildes darüber hinaus erschwert.

An einigen Partien lässt sich noch die feine Licht-Schatten-Modulation und die stoffliche Ausarbeitung der ursprünglichen Malerei ausmachen. Die Secco Malerei, ausgeführt in Seifentempera, baut auf einem mehrlagigen Kreidegrund auf, alle Weißausmischungen sind in Bleiweiß ausgeführt, Smalte und Indigo erzeugen die Blautöne, verlacktes Karminrot und roter Bolus wurden in den Rottönen vermalt. Ein hauchdünn aufgetragener, transparenter Öllack schließt das Gemälde ab.

Nach der Translozierung wurde das Gemälde mit einem vielschichtigen Zaponlack-Auftrag versehen, der zu Malschichtablösungen, in Form von schüsselartigen Hebungen und Abplatzungen führte.